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Für ein paar Groschen ...
Science-Fiction in gewerblichen Leihbüchereien
von Achim Schnurrer

© Achim Schnurrer und Pabel-Moewig Verlag KG., Rastatt
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1. Für ein paar Groschen ...
2. Wenn das Sammeln zum Abenteuer wird
3. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
4. Heiß begehrt und angefeindet
5. Mein Frieden - die verbotenen Bücher I
6. Eron - die verbotenen Bücher II
7. Versteckspiel - die verbotenen Bücher III
8. Wer kennt die Namen?
9. Auf dem Weg zum Leser
10.Von Brian Aldiss bis Marion Zimmer-Bradley und ...
11.... von Kurt Brand bis Alph Zeno
12.Die Unbesiegbaren
13.Der Friedensdiktator greift ein
14.Irrgarten Kosmos / Duell der Mutanten / Auf verbotenem Kurs
15.Heftroman und Leihbuch
16.Von Sun Koh zu PERRY RHODAN
17.Science-Fiction, als es keine Zukunft gab
18.Vorhang / Dank
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Mit gut 1000 im Romanpreiskatalog als "utopisch fantastisch" gelisteten Titeln stellt die Science-Fiction ein überschaubares Sammelgebiet mit meist moderat angesetzten Preisen zwischen 5 und 20 Euro pro sehr gut erhaltenem Buch dar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Dazu später mehr. Es ist zu erwarten und jedem Sammler zu wünschen, dass über diese rund tausend SF-Titel hinaus noch viele Entdeckungen zu machen sind.

Was macht das Leihbuch nach 1945 so einzigartig, dass es sich als Gattung so gut eingrenzen lässt? Eine Antwort dürfte sein, dass nur in dieser Zeit die wirtschaftlichen Voraussetzungen für das Entstehen reiner, auf das Leihbuch spezialisierter Verlage gegeben waren. Zwar versuchten in der Anfangszeit von 1947 bis 1951 eine Reihe der damals gegründeten Verlage beide Vertriebswege, also den normalen Buchhandel und die Leihbüchereien zu bedienen. Doch der Schritt ins Sortiment mit aufwendig gemachten Hardcoverbüchern, mit Halb- oder Ganzleinenbezug und Lesebändchen war wegen der mangelnden Kaufkraft der Nachkriegsbevölkerung fast durchwegs zum Scheitern verurteilt.

Nicht umsonst konnten sich in der frühen Nachkriegszeit auch andere preiswerte Alternativen wie die Rowohlts-Rotations-Romane (rororo) durchsetzen. Es war die Zeit für die nach dem Krieg schon bald wieder erscheinenden Heftromane und die revolutionäre Erneuerung des Buchmarkts durch das preiswerte Taschenbuch. Neben diesen Umwälzungen im Buchhandel wird heute leicht ein Gebiet vergessen, das für das Lesebedürfnis beinahe ebenso revolutionär war: die Explosion des Markts der gewerblichen Leihbüchereien. Die für diesen Markt produzierenden Verlage brachten ihre Bücher schon bald ausschließlich für Leihbüchereien heraus. Ausnahmen waren Verlage wie Gebrüder Weiß, Berlin und Gebrüder Zimmermann, Balve, die neben dem Hardcoverband für die Leihbücherei auch mit andere Publikationsformen experimentierten. 1956 bis 1957 erschienen die "UTO Taschenbücher" in Balve, während die Reihe "Utopische Taschenbücher" beim Weiß Verlag bis 1959 herauskam.

Schon rasch setzte sich der leihbuchtypische Umschlag mit dem Supronylbezug durch. Dabei handelte es sich um eine widerstandsfähige und für den häufigen Gebrauch geeignete, zur Not auch abwaschbare Klarsichtfolie, die über den Pappdeckel des Umschlags gezogen wurde. Nicht selten wurden diese Bände zusätzlich noch mit einem Schutzumschlag ausgestattet, der von den Büchereien vor der ersten Ausleihe jedoch entfernt wurde. Dementsprechend selten wird man auf Flohmärkten oder in Antiquariaten noch Exemplare mit Schutzumschlag finden.

Die weitaus meisten Bände, die einem heute in die Hände fallen, sind in einem erbärmlichen Zustand. Völlig zerlesen, oft fehlt der Rücken, oder er ist lose und manch Kaffeefleck oder andere undefinierbare Stoff verunziert die Seiten. Solche Exemplare sind in der Regel wertlos, je nach Zustand mag man sie noch nicht einmal in die Hand nehmen. Gelegentlich kann man ungelesene Bücher finden, die meistens aus den Restbeständen der Verlage stammen.

Speziell im schwer zerstörten Nachkriegs-Deutschland der späten 40er und frühen 50er Jahre traf die leichte Unterhaltung der Leihbücher den Nerv der Zeit. Bücher, spannende zumal, waren Mangelware. Die rigide Zensur während der Nazizeit und die immer dramatischere Papierknappheit, die auch noch Jahre nach dem Krieg den Alltag bestimmte, hatten die Menschen hungrig nach Lektüre gemacht. Teure Hardcoverbände konnten sich die wenigsten leisten: Es war die richtige Zeit für die Einführung des Taschenbuchs und es war die richtige Zeit für die gewerblichen Leihbüchereien. In ihnen konnte man für wenige Groschen Leihgebühr den neuesten Schmöker bekommen. Es ist kein Zufall, dass das Wirtschaftswunder und die Ausbreitung des Fernsehens schon bald das Ende dieser Phase einleiteten. Doch es sollte ein langsames Sterben werden, bis dann Mitte der 70er Jahre die meisten Leihbüchereien wieder verschwunden waren.

 
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